Die Stadt Gyumri (auch Gjumri) ist die zweitgrößte Stadt Armeniens und die Hauptstadt der Provinz Shirak. Sie liegt im Nord-Westen des Landes auf einer Höhe von 1592 Metern, nahe der türkischen Grenze. Gyumri greift auf eine bewegende Geschichte zurück. Zu den ein-deutigen Merkmalen gehören die noch heute in der Architektur erkennbaren Züge der ehemaligen Sowjetunion, von der Armenien im Jahr 1991 unabhängig wurde.
Doch viel mehr hinterließ ein Erdbeben im Jahr 1988 seine Spuren in Gyumri und den umliegenden Dörfern. Dabei kamen mehr als 50.000 Menschen ums Leben. Ruinen von Wohnhäusern, Gräben mitten in der Landschaft und Steinbrocken ehemaliger Bauten lassen das Ausmaß des Erdbebens nicht vergessen.
Viele Länder beteiligten sich am Wiederaufbau der Stadt. Die Einflüsse spiegeln sich in der Architektur der Stadt wider und auch in der Namensgebung bestimmter Stadtteile. So steht das Emili Aregak Zentrum direkt neben dem sogenannten „Österreicherdorf“, das nach dem Erdbeben von österreichischen Hilfskräften erbaut wurde. Die Straßen und Häuser sind nach österreichischen Schriftstellern, Musikern, Politikern und auch Orten benannt. Doch nicht alles konnte bis heute aufgebaut werden. So fehlt es gerade am Stadtrand an asphaltierten Straßen.
Das Zentrum von Gyumri
Wir fahren regelmäßig mit den Minibussen der Linien 20 und 22 ins Zentrum von Gyumri und steigen beim Vartanants Platz aus. Dieser bildet das Stadtzentrum. Um den Platz sind zwei Kirchen, das Rathaus sowie Cafés und Restaurants angesiedelt. Das im Zentrum liegende Moscow-Kino spielt Filme in armenischer und russischer Sprache – ein Relikt der früheren Sowjetzeit. Die Bevölkerung spricht neben der armenischen Muttersprache noch ausge-zeichnet russisch. In der Schule wird mittlerweile auch Englisch gelehrt. Doch wir treffen auch immer wieder auf Armenier, die ein paar Worte Deutsch sprechen.
Am Vartanants Platz befindet sich die Erlöserkirche. Sie ist 36 Meter hoch und wurde aus schwarzem und rotem Stein erbaut. Die Kirche wurde während des Erdbebens 1988 stark beschädigt. Bis heute konnte sie noch nicht komplett restauriert werden. Ein Denkmal aus Stein auf der Rückseite zeigt die Uhrzeit, zu der die Stadt und die Kirche am 7. Dezember 1988 zerstört wurden.
Übrigens: Wer in Armenien einer heiligen Messe beiwohnen möchte, sollte sich Zeit nehmen. Die normale Länge beträgt 2 bis 3 Stunden. Doch keine Sorge – man ist auch herzlich Willkommen, wenn man den Feierlichkeiten nur ein paar Minuten beiwohnt. 😉
Am gegenüberliegenden Ende des Platzes befindet sich die „Kirche der sieben Wunden der Heiligen Mutter Gottes“. Während der Zeit der Sowjetunion waren die meisten Kirchen des Landes gesperrt. Die Kirche der sieben Wunden der Heiligen Mutter Gottes blieb geöffnet. Die beiden Kuppeln, die während des Erdbebens herabstürzten, liegen noch heute vor der Kirche. Sie wurden durch neue ersetzt.
Die Abovyan Straße ist eine wunderschön mit Pflastersteinen ausgelegte Fußgängerzone. Sie bietet neben Cafés, Bars und Restaurants auch kleine Galerien und schöne Innenhöfe. Dort befindet sich auch die Emili Aregak Bakery, die auf jeden Fall einen Besuch wert ist.
Gleich wie in der Hauptstadt Jerewan, findet man auch in Gyumri auf einem Hügel am Stadtrand die Statue der Mutter Armeniens. Sie wacht über die Stadt und ersetzte im Jahr 1975 die dort stehende Stalin-Statue.
Neben der Statue der Mutter Armeniens befindet sich die schwarze Festung. Gebaut wurde diese im Jahr 1834. In der Mitte befindet sich die Alexandropol Festung mit drei Toren. Die südliche und nördliche Festung dienten der Verteidigung von Alexandropol. Diesen Namen trug die Stadt während der Zeit des Kaiserreiches von Russland. Von der schwarzen Festung führen unterirdische Gänge zur Mutter Armeniens.
Unser erstes Fazit
Gyumri ist eine Stadt der Gegensätze. Das wunderschöne, kleine Zentrum mit seinen schwarzen Steinbauten, seinen schön asphaltierten Straßen und schicken Cafés lädt zum bummeln ein. Am Stadtrand sieht das Leben noch etwas anders aus. Gasleitungen über der Erde gehören hier genauso zum Stadtbild wie nicht asphaltierte Straßen und Plattenbauten. Doch gerade diese Gegensätze machen das Flair der Stadt aus und zeigen den Facettenreichtum Armeniens. Wir freuen uns bereits auf neue Entdeckungen in dieser Stadt, denn zu bieten hat sie noch weit mehr als das bisher gesehene.
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